Samstag, 29. März 2014

3:2 - Reus-Gala versetzt VfB den K.O.

Platz Zwei gefestigt, Vorsprung auf Platz Vier ausgebaut, einen Zwei-Tore-Rückstand gedreht - und endlich bewiesen, daß man auch vor einem Champions-League-Spiel gewinnen kann. Borussia Dortmunds 3:2-Sieg vor 59.500 Zuschauern beim VfB Stuttgart am 28. Bundesliga-Spieltag war ein ganz wichtiger und könnte sich als Meilenstein für den restlichen Saisonverlauf erweisen. Dank einer großartigen Willensleistung und eines überragenden Marco Reus entführte der BVB drei unheimlich wichtige Punkte beim um den Klassenerhalt kämpfenden VfB Stuttgart. Somit bleiben die Schwattgelben Zweiter vor den blau-weißen Nachbarn aus der verbotenen Stadt. Da Bayer Leverkusen zeitgleich nicht über ein 1:1-Unentschieden gegen Tabellenschlußlicht Eintracht Braunschweig hinauskam, baute der BVB den Vorsprung auf Platz vier auf nunmehr sieben Punkte aus.


Erster Streich: Reus trifft zum 2:1 (Foto: kicker)
PERSONAL

Jürgen Klopp baute die Derby-Startelf um und gönnte Nuri Sahin und dem leicht angeschlagenen Lukasz Piszczek angesichts der bevorstehenden englischen Wochen eine Verschnaufpause. Für den Deutsch-Türken begann Oliver Kirch. Da Kevin Großkreutz für Piszczek die Rechtsverteidiger-Position übernahm, rückte Jonas Hofmann für "Uns Kevin" ins rechte Mittelfeld.


SPIELVERLAUF

Nach höchst nervösem Beginn geriet Dortmund schnell in Rückstand. Einen katastrophalen Rückpass von Kirch erlief sich Gentner und vollstreckte von der Strafraumgrenze zum 1:0 für die Gastgeber (9. Minute). Danach kam der BVB durch Lewandowski und Großkreutz zu zwei guten Tormöglichkeiten (12., 14.), verfiel danach jedoch kollektiv in einen unerklärlichen zwanzigminütigenTiefschlaf, der böse Erinnerungen an das 0:3-Debakel in Hamburg aufkommen ließ. Borussia verlor viele Zweikämpfe, produzierte Abspielfehler en masse und schien sich - wie schon beim HSV - als idealer Aufbaugegner für einen mental angeschlagenen Abstiegskandidaten zu entpuppen. In der 18. Minute nutzte der eminent schnelle Traore das schlechte Zweikampfverhalten seines Gegenspielers Durm und servierte von rechts für den im Zentrum völlig freistehenden Ibisevic, der ohne Mühe zum 2:0 für die Schwaben einnetzte.

Mit zunehmender Spieldauer fingen sich die Schwattgelben jedoch und kamen in der 30. Minute zum Anschlußtreffer. Hofmann hatte Reus mustergültig freigespielt und der Nationalspieler vollstreckte aus spitzem Winkel eiskalt ins lange Eck. Die Partie entwickelte sich nun zu einem offenen Schlagabtausch mit Chancen hüben (Didavi, Schwaab) wie drüben (Mkhitaryan, Reus). Schließlich rettete der VfB den knappen Vorsprung in die Halbzeitpause.

Hummels klärt gegen Traore (Foto: kicker)
Nach dem Wechsel bekam der BVB ein deutliches Übergewicht mit hohen Ballbesitzanteilen, konnte sich aber zunächst aufgrund fehlender Ideen im Aufbauspiel kaum zwingende Torchancen erspielen. Ausnahme: Lewandowskis Pfostenkracher aus 16 Metern in der 56. Minute. Der polnische Torjäger war es auch, der dem Spiel mit einer beherzten Einzelaktion die Wende brachte. In der 68. Minute konnte "Lewy" im Strafraum der Gastgeber von Niedermeier nur regelwidrig zu Fall gebracht werden. Schiedsrichter Weiner zögerte keine Sekunde und verwies Stuttgarts Innenverteidiger des Feldes. Den fälligen Strafstoß verwandelte Reus humorlos sicher zum Ausgleich für den BVB.

Kurz darauf mußte Schiri Weiner dann selbst vom Platz. Der Unparteiische aus Giesen verletzte sich bei einem unglücklichen Ausfallschritt udn wurde durch Norbert Grudzinski abgelöst.

Dortmund nutzte die personelle Überzahl nun zu ihren Gunsten und setzte den nie aufgebenden aber immer nervöser werdenden VfB immer stärker unter Druck. In der 79. Minute verpassten Reus und Lewandowski den möglichen Führungstreffer für Schwattgelb. Doch vier Minuten später hatte Borussia die Partie zu ihren Gunsten gedreht. Der eingewechselte Aubameyang setzte sich links bis zur Grundlinie durch und passte den Ball mustergültig zurück in den Rücken der Stuttgarter Abwehr, genau in den Lauf von Marco Reus. Der Nationalstürmer vollstreckte mit einem noch leicht abgefälschten Schuß von der Strafraumgrenze zum 3:2 für den BVB.

Noch immer gab sich der VfB aber nicht geschlagen und hatte durch Harnik in der 85. Minute die Riesenchance zum Ausgleich. Doch der Österreicher schoß das Leder am langen Eck des Dortmunder Gehäuses vorbei. Anschließend brachte Borussia die Führung routiniert und abgeklärt über die Zeit.


Packende Zweikämpfe: Sokratis / Ibisevic (Foto: kicker)
ANALYSE

Puuuuuuh....einmal bitte tief durchatmen. Was beide Mannschaften ihren Fans an diesem sonnigen Nachmittag bei frühlingshaften Temperaturen boten, war spielerisch nicht immer Fußball auf höchstem Niveau. Aber es war Hochspannung und Intensität bis zum Schlußpfiff. Beide Teams spielten mit offenem Visier und verlangten sich gegenseitig alles ab. Dennoch war Borussias Sieg letztlich verdient, weil sich die Mannschaft mit unglaublicher Willensstärke nach einem Zwei-Tore-Rückstand in die Partie zurückkämpfte und in der zweiten Halbzeit die klar bessere Mannschaft stellte. Zudem machte die individuelle Klasse eines Marco Reus am Ende den entscheidenden Unterschied.

Natürlich konnte nicht alles Gold sein, was mit dem Abpfiff um 17:15 Uhr schwattgelb glänzte. Zwar blitzte in vielen Szenen die spielerische Klasse der Borussia auf - doch wechselten sich kreative Dortmunder Highlights zu oft mit haarsträubenden Abspielfehlern (Mkhitaryan, Kirch, Durm) und individuellen Aussetzern im Defensiv-Verhalten (Durm, Kirch) ab. Den beeindruckenden Vollgasfußball aus dem Derby konnte Borussia nur phasenweise auf den Stuttgarter Rasen bringen. Insbesondere Marco Reus mit seinem Dreier-Pack vermochte sich aber gegenüber dem Mittwoch nochmals zu steigern und bot eine herausragende Vorstellung.

Matchwinner mit Dreier-Pack: Marco Reus (Foto: kicker)
Als mitentscheidend für die Wende des Spiels entpuppte sich Jürgen Klopps Doppelwechsel nach gut einer Stunde. Mit der Hereinnahme von Aubameyang und Sahin gelang dem Dortmunder Coach ein kluger Schachzug. Während Sahin für mehr Ballsicherheit und Ideen im Kreativzentrum sorgte, trat der Gabuner eigentlich kaum in Erscheinung - war aber in der entscheidenden Spielsituation hellwach und legte Reus dessen Siegtreffer mustergültig auf.

Mit dem Sieg in Stuttgart gelang dem BVB ein wichtiger "Dreier" im Kampf um die direkte Champions-League-Qualifikation. Sieben Punkte bei noch ausstehenden sechs Spielen beträgt nun der Vorsprung auf Platz vier. Beim durchaus anspruchsvollen Restprogramm der Borussia ein durchaus respektables Polster, das es am nächsten Samstag im Heimspiel gegen den VfL Wolfsburg zu festigen oder auszubauen gilt.

Zuvor reist der BVB jedoch am Dienstag zum mit Spannung erwarteten Viertelfinal-Hinspiel der Königsklasse zu den "Königlichen" nach Madrid. Bis dahin gilt es zu regenerieren, um sowohl den physischen als auch den mentalen Akku wieder aufzuladen. Im Bernabeu-Stadion will Borussia sich dann mit einem respektablen Ergebnis gegen Real eine gute Ausgangsposition für das Rückspiel eine Woche später im heimischen Westfalenstadion schaffen.


DIE STATISTIK

VfB Stuttgart: Ulreich – Schwaab, Rüdiger, Niedermeier, Boka – Traore, Gruezo, Gentner, Harnik – Ibisevic, Didavi
Borussia Dortmund: Weidenfeller – Großkreutz, Sokratis, Hummels, Durm – Kirch, Kehl – Hofmann, Mkhitaryan, Reus – Lewandowski
Einwechselungen: 60. Maxim für Didavi, 70. Sakai für Traore, 86. Cacau für Harnik - 60. Sahin und Aubameyang für Kirch und Mkhitaryan, 76. Jojic für Hofmann
Tore: 1:0 Gentner (9.), 2:0 Harnik (19., Traore), 2:1 Reus (30., Hofmann), 2:2 Reus (68., Foulelfmeter, Niedermeier an Lewandowski), 2:3 Reus (83., Aubameyang)
Schiedsrichter: Weiner (Giesen), ab 76. Grudzinski
Rote Karte: Niedermeier (67., Notbremse)
Gelbe Karten: - Kirch, Großkreutz
Zuschauer: 59.500


HIER SPRICHT KLOPPO

"Es war der denkbar ungünstigste Start für uns. Wir wollten das anders aussehen lassen und hatten vor, intensive Zweikämpfe zu führen und Fußball zu spielen. Wir sind nicht gut reingekommen ins Spiel, und das mit dem Fußball spielen haben wir auch falsch verstanden. Vor dem ersten Gegentor spielen wir drei Rückpässe, mit denen wir selbst nicht rechnen konnten. Und beim 0:2 hat man gesehen, dass man Traoré nicht so häufig in ein Eins gegen Eins gehen lassen sollte.

Vielleicht haben wir diese beiden Gegentore aber auch gebraucht, um zu reagieren. Ulreich hat schon vor unserem Anschlusstor zwei Mal überragend gehalten. Das Selbstvertrauen, das bei Stuttgart nach dem 2:0 vorhanden war, wurde durch unsere Großchancen und das 1:2 schnell erschüttert. In der zweiten Halbzeit haben wir toll weitergemacht. Eine Rote Karte bei diesen Temperaturen hilft dann natürlich auch der Mannschaft, die in Überzahl spielt. Das haben wir ausgenutzt und verdient gewonnen.

Wir haben das Ergebnis unbedingt gebraucht. Jetzt geht’s weiter. Es ging für beide Mannschaften um alles. Das hat man dem Spiel auch angesehen, das insgesamt aber sehr fair geführt wurde. Selbst die Rote Karte war kein übles Foul. Heute blieb alles im Rahmen.

Wir haben Bundesliga und Champions League bislang immer getrennt und sind nach einem verlorenen Bundesligaspiel nie mit einem miesen Gefühl in die Champions League gegangen. Wir haben uns riesig darüber gefreut, dass wir noch dabei sind, aber wir werden in Madrid große Probleme zu bewältigen haben, wie sie alle anderen Mannschaften dort auch haben. Wir werden in Madrid das Spiel nicht machen müssen; wir sind in anderen Belangen gefordert. Real ist haushoher Favorit. Dennoch wollen wir ein Ergebnis holen, das uns die Möglichkeit lässt, im Rückspiel noch einiges zu regeln. Erst einmal müssen die Jungs regenerieren. Sie sind kaputt nach diesem intensiven Spiel in Stuttgart.


MEINE BVB-NOTEN

Weidenfeller (3), Großkreutz (3), Sokratis (3), Hummels (3), Durm (4), Kehl (3), Kirch (4,5), Hofmann (3), Mkhitaryan (4), Reus (1), Lewandowski (3), Aubameyang (3,5), Sahin (3), Jojic (-).

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