Freitag, 27. Juni 2014

DFB-Elf: Ohne Glanz ins Achtelfinale

Glückwunsch an Jogi Löw und seine Mannschaft. Durch das 1:0 gegen die vom ehemaligen Bundestrainer Jürgen Klinsmann gecoachte USA qualifizierte sich Deutschland mit sieben Punkten als souveräner Gruppensieger fürs WM-Achtelfinale. Überzeugt hat mich unsere Mannschaft gegen die harmlosen US-Boys allerdings nicht. Die Löw-Elf tat nicht mehr als nötig und erweckte den Eindruck, "Dienst nach Vorschrift" zu schieben. Viel Ballbesitz und Spielkontrolle, aber zu wenig Feuer und Spielfreude bestimmten den insgesamt zähen Auftritt der deutschen Mannschaft. Den sich zu Recht selbst auferlegten hohen Ansprüchen wurden unsere Jungs diesmal nicht gerecht.

Seriöse Aufschlüsse über die aktuelle Leistungsstärke der Deutschen konnte der Gruppen-Showdown allerdings auch nicht bringen. Dafür waren die US-Amerikaner zu bieder und zu harmlos. Im Gefühl, nicht wirklich gefordert zu werden, nahm die Löw-Elf nach vielversprechendem Beginn mit zunehmender Spieldauer immer mehr Tempo aus dem Spiel und machte der tiefstehenden und aggressiven Defensive der Klinsmann-Elf das Verteidigen somit relativ einfach.

Im Dauerregen von Recife kontrollierte Deutschland durch viel Ballbesitz zwar jederzeit das Geschehen, agierte aber vor dem US-Strafraum meistens viel zu umständlich. Der finale Pass für gefährliche Abschluß-Aktionen glückte nur selten. Ein probates Mittel, die kompakte Defensive der Amerikaner aufzureißen, wäre das Spiel über die Außenbahnen gewesen - doch von zwei, drei Boateng-Aktionen im ersten Durchgang abgesehen, stieß kaum einmal ein Akteur zur Grundlinie durch.

Mit der Hereinnahme von Klose reagierte Bundestrainer Löw zur Pause auf das Vakuum in vorderster Front. Thomas Müller nutzte schließlich die zu Beginn der zweiten Halbzeit erzwungene Druckperiode der DFB-Elf zum viel umjubelten Führungstreffer. Danach beschränkte sich Deutschland jedoch auf Ergebnisverwaltung. Neben fehlenden Tempowechseln ließ die Mannschaft vor allem den unbedingten Willen und die letzte Gier vermissen, das Spiel mit einem weiteren Tor endgültig zu entscheiden. Das wäre in der Nachspielzeit beinahe noch mit dem Ausgleichstreffer der Amerikaner bestraft worden.

Bei allem Verständnis für Jogi Löw, nach der Harakiri-Schlußphase gegen Ghana das Hauptaugenmerk zunächst auf defensive Stabilität und Spielkontrolle zu legen - von einer Mannschaft mit dem Offensiv-Potential Deutschlands muß man gegen einen solchen Gegner einfach mehr erwarten dürfen. Wirklich herausgespielte klare Torchancen der DFB-Elf waren an den Fingern einer Hand abzuzählen. Bezeichnenderweise fiel Müllers Tor des Tages im Anschluß an eine Standard-Situation.

In seiner Spiel-Analyse lobte ZDF-Experte Oliver Kahn zu Recht die Leistung Bastian Schweinsteigers. Der Münchner war wie erwartet für den zuletzt nach langer Verletzung erschöpft wirkenden Khedira ins deutsche Team gerückt. "Schweini" war bis zu seiner Auswechslung bester deutscher Spieler.

Nicht nachvollziehen kann ich allerdings Kahns Beurteilung der mannschaftlichen Gesamtleistung. Der ehemalige Weltklasse-Keeper attestierte unserer Elf in seiner Analyse eine zufriedenstellende Vorstellung. Thomas Helmer äußerte sich da schon wohltuend kritischer und zeigte sich vom Auftritt der Löw-Elf wenig überzeugt.

Im Achtelfinale wartet am kommenden Montag mit Algerien nun ein echter Angstgegner auf Deutschland. Gegen die Afrikaner bestritt die Nationalmannschaft bisher zwei Spiele - beide wurden verloren (u. a. 1:2 bei der WM 82). Um eine dritte Niederlage und das vorzeitige Ausscheiden aus dem Turnier zu verhindern, muß sich die Löw-Elf erheblich steigern. Luft nach oben ist zweifellos reichlich vorhanden. Die Algerier sind zwar spielerisch limitiert, agieren aber stets mit jenem Herzblut, das Deutschland diesmal vermissen ließ.

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