Vor dem WM-Achtelfinalspiel der deutschen Mannschaft gegen Algerien sind in der öffentlichen Wahrnehmung die Rollen klar verteilt. Deutschland gilt als der haushohe Favorit. Sogar von einem "Freilos" für die Löw-Elf war in den sozialen Netzwerken die Rede. Doch wer die Gruppenspiele der Algerier verfolgt hat, kommt zu einer völlig anderen und vor allem dieser Mannschaft gegenüber respektvolleren Einschätzung. Daß Deutschland bisher beide Vergleiche mit den Nordafrikanern verloren hat, ist eine rein statistische Tatsache - aber sicher nicht der Hauptgrund, diese Mannschaft besser nicht zu unterschätzen.
Es steht natürlich außerhalb jeder Diskussion, daß die DFB-Elf die größere fußballerische Qualität besitzt. Individuell dürfte jede einzelne unserer Kaderpositionen besser besetzt sein. Algerien wird aber mit großer Leidenschaft, unbändigem Willen und viel Mut und Feuer dagegenhalten. Außerdem hinterläßt das skandalöse WM-Aus 1982 auch 32 Jahre danach noch tiefe Narben in der Seele des algerischen Fußballs. Zwar wurde Deutschland damals mit 2:1 bezwungen, doch mit der "Schmach von Gijon" sorgte die deutsche Mannschaft damals in Co-Produktion mit den eigentlich ungeliebten Nachbarn aus Österreich für den Gruppen-K.O. der Algerier.
Mit ihrer unorthodoxen Spielweise ist diese Mannschaft durchaus in der Lage, der Löw-Elf Probleme zu bereiten. Defensiv sind die Afrikaner zwar anfällig, die quirligen Offensiv-Akteure der Algerier dürften jedoch nicht gerade nach dem Geschmack der aus vier Innenverteidigern bestehenden Viererkette der Deutschen sein. Das könnte ein Grund sein, der Bundestrainer Löw zumindest für dieses Spiel zu einem Umdenken veranlasst. Es gilt als nicht ausgeschlossen, daß anstelle des defensiv zuverlässigen, aber offensiv wirkungslosen Höwedes diesmal der Dortmunder Erik Durm eine Chance von Beginn an erhält. Durm könnte besser zur unberechenbaren, "wuseligen" Spielweise der Algerier passen - und gleichzeitig auch für eine Belebung der offensiv bisher nahezu brachliegenden linken Seite sorgen.
Einen weiteren Startelf-Wechsel könnte es im defensiven Mittelfeld geben. Wahrscheinlich wird der gegen die USA geschonte Sami Khedira in die Mannschaft zurückkehren. Bastian Schweinsteiger, für mich gegen Klisnmanns US-Boys bester deutscher Spieler, müßte dann wohl wieder auf die Bank - es sei denn, Löw gönnt dem zuletzt nicht voll überzeugenden Kroos eine Verschnaufpause.
Wer immer auch morgen in der deutschen Startelf steht. Entscheidend ist die Einstellung zum Spiel und die Art und Weise des Auftretens unserer Mannschaft. Ich würde mir von unserer Elf - auch nach einer möglichen Führung - mehr Feuer und Leidenschaft statt kühler Ergebisverwaltung wie gegen die USA wünschen. Denn der unbedingte Drang, ein zweites oder drittes Tor erzielen zu wollen, muß nicht zwangsläufig auf Kosten der Defensive gehen und somit zu einer unnötig risikoreichen Spielweise führen.
Sollte Deutschland das beherzigen und endlich die Spielfreude entwickeln wie beim World-Cup 2010 in Südafrika, könnte das auch bei mir zu einer Begeisterung für unser Team führen, die mich bisher partout nicht so richtig packen will.
In diesem Sinne hoffe ich auf ein sowohl erfolgreiches als auch attraktives Spiel unserer Elf. Joachim Löw wies bezüglich der noch nicht restlos überzeugenden Auftritte seiner Mannschaft in der gestrigen Pressekonferenz darauf hin, daß die WM ein Marathon und kein 100-Meter-Sprint sei. Das stimmt durchaus - allerdings kommt nicht jeder Marathonläufer auch ins Ziel. Hoffen wir, daß Löw und seine Jungs die nächste Etappe des WM-Marathons, sprich das Viertelfinale, erreichen. Algerien wird unserer Mannschaft jedenfalls alles abverlangen.
Mein Tipp:
Es wird ein schweres Spiel für unsere Mannschaft. Aber wir gewinnen mit 2:1.
Die mögliche Startaufstellung:
Neuer - Boateng, Mertesacker, Hummels, Höwedes (Durm) - Khedira (Schweinsteiger), Lahm, Kroos - Özil, Müller, Götze (Schürrle).
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen