Um eines von vornherein klar zu sagen. Bayern München war beim Pokalfinale in Berlin am Ende um einen Tick stärker als unsere schwattgelben Jungs. Aber die Frage muß erlaubt sein: wie wäre das Spiel verlaufen, wenn Schiedsrichter Florian Meyer in der 64. Minute dem klar regulären Treffer von Mats Hummels nicht die Anerkennung verweigert hätte? Antwort: es hätte wohl keine Verlängerung gegeben, Dortmund wäre jetzt höchstwahrscheinlich Pokalsieger und ausgerechnet jenen Akteuren der Bayern, die sich unter Gurdiola über zu wenig Einsatzzeiten beklagen, wären die schmerzhaften Wadenkrämpfe erspart geblieben.
Schlüsselszene: Dante klärt Hummels Kopfball hinter der Linie |
So bleibt, wie schon nach dem letztjährigen Champions-League-Finale, erneut die bittere Erkenntnis, daß Borussia Dortmund in Berlin weniger am Gegner aus München, als vielmehr an den folgenschweren Fehlentscheidungen des jeweiligen Schiedsrichters gescheitert ist. Denn in Berlin sorgte nicht nur der nicht anerkannte Hummels-Treffer für empörtes Entsetzen.
Der von den Medien als neuer "BVB-Schreck" gefeierte Arjen Robben hätte zum Zeitpunkt seines Treffers zum 1:0, ähnlich wie Vorlagengeber Boateng, gar nicht mehr auf dem Platz stehen dürfen. Für seine plumpe und unverschämt offensichtliche "Schwalbe" im Dortmunder Strafraum sah der "fliegende Holländer" zwar die gelbe Karte. Es hätte allerdings Gelb-Rot und somit Platzverweis sein müssen. Schiedsrichter Meyer versäumte es nämlich, dem Niederländer bereits in der ersten Halbzeit wegen zweier klarer taktischer Fouls die regeltechnisch dafür vorgesehene Verwarnung auszusprechen.
Weidenfeller empört über Robbens Schwalbe |
Dasselbe gilt für Robbens Teamkamerad Jerome Boateng. Und auch Javi Martinez verließ in nahezu jedem Zweikampf den Weg der in den Fußball-Regeln vorgeschriebenen Legalität.
Auf einen langen und ausschweifenden Spielbericht und die daran anschließende Analyse verzichte ich diesmal bewußt. Das Pokalfinale war ein intensiver Abnutzungskampf zweier äußerst diszipliniert agierender Mannschaften auf Augenhöhe. Ein Fest für Taktikfreaks - nicht jedoch für Feinschmecker abwechslungsreicher Offensivspektakel. Lange Zeit ohne große Höhepunkte und eben relativ unspektakulär.
Ein Finale mit einem überragenden und auf absolutem Weltklasse-Niveau agierenden Mats Hummels, mit einem bärenstarken Roman Weidenfeller, mit einer aufopferungsvoll kämpfenden und geschlossen diszipliniert auftretenden Mannschaft. Mit einem Robert Lewandowski, der in seinem letzten Spiel im BVB-Dress nicht wie gewohnt zur Entfaltung kam. Mit einem nimmermüden Marco Reus, der permanent versuchte, für offensive Akzente zu sorgen.
Letztlich reichte es für unsere Jungs nicht zum vierten Pokalsieg. Erstens aus oben bereits angesprochenen Gründen. Zweitens natürlich auch, weil unserem BVB am Ende der kräftezehrenden 120 Minuten Konzentrations-Fehler (Großkreutz vor dem 1:0) unterliefen, die die Bayern eiskalt zur späten Entscheidung nutzen konnten.
Allerdings fehlte es dem Dortmunder Spiel an diesem denkwürdigen Abend auch an offensivem Durchsetzungsvermögen. Zudem konnte das von gegnerischen Mannschaften so gefürchtete Pressing und Umschaltspiel vom BVB nicht wie gewohnt umgesetzt werden. Gelangen den Schwattgelben Balleroberungen, verlor man das Leder zu schnell wieder oder setzte in oft sogar unbedrängten Situationen - zur Freude der Bayern-Defensive - auf langgeschlagene Bälle.
Am Ende macht sich ob der bitteren 0:2-Niederlage großer Frust in der schwattgelben Fußball-Seele breit. Dabei schmerzt nicht mal so sehr die Niederlage als solche. Ehrliche Anerkennung für den Gegner, wenn dieser verdient gegen den BVB die Oberhand behielt, wurde von dieser Stelle aus schon mehrfach ausgesprochen. Vielmehr erzeugt die Art und Weise des Zustandekommens durch krasse Fehlentscheidungen der "Unparteiischen" Frust und Empörung.
Robben gegen Hummels |
Und dennoch überwiegt einen Tag nach dem Berliner Finale der Stolz auf diesen Verein und diese Dortmunder Mannschaft. Borussia hat eine Saison, geprägt von Nackenschlägen und großen personellen Problemen, in einer einzigartigen und beeindruckenden Art und Weise bewältigt. Daraus sollte man Selbstvertrauen und Optimismus für die Zukunft ziehen. Denn irgendwann wird Ausdauer und der unerschütterliche Glaube an die eigene Stärke auch wieder belohnt. Und irgendwann ist der BVB wieder so stark, daß selbst zweifelhafte Schiedsrichter-Entscheidungen schwattgelbe Titel und Triumphe nicht mehr verhindern können.
In diesem Sinne! Nur der BVB!
(Fotos: kicker)
Jürgen Klopps Analyse der Schlüsselszene, des nicht gegebenen Tores von Mats Hummels.
DIE STATISTIK
Borussia Dortmund: Weidenfeller – Piszczek, Sokratis, Hummels, Schmelzer – Jojic, Sahin – Mkhitaryan, Reus, Großkreutz – Lewandowski
Bayern München: Neuer – Boateng, Martinez, Dante – Hojbjerg, Lahm, Kroos, Rafinha – Müller, Götze - Robben
Einwechselungen: 60. Kirch für Mkhitaryan, 83. Aubameyang für
Jojic, 110. Hofmann für Großkreutz – 31. Ribery für Lahm, 102. van
Buyten für Hojbjerg, 109. Pizarro für Ribery
Tore: 0:1 Robben (107., Boateng), 0:2 Müller (120.+3, Pizarro)
Eckstöße: 6:5 (Halbzeit 2:0, nach 90 Minuten 4:3), Chancenverhältnis: 6:7 (1:2, 4:4)
Schiedsrichter: Meyer (Burgdorf), Gelbe Karten: - Kroos, Hojbjerg, Boateng, van Buyten, Robben
Zuschauer: 76.197 (ausverkauft), Wetter: zunächst heiter, dann regnerisch, 13 Grad
HIER SPRICHT KLOPPO
(Auszüge aus Klopps Bankettrede nach dem Finale)
„Das Leben ist eine Ansammlung von Versuchen. Wenn man immer nur das machen würde, was zu 100 Prozent
gelingt, wie langweilig wäre das denn? Das, was wir heute Abend gemacht
haben, war eine Art Versuch, erneut einen Titel zu gewinnen. Das hat
leider nicht geklappt. Wir haben uns trotzdem als Verein und als
Gemeinschaft präsentiert, wie es außergewöhnlicher nicht geht.
Wir alle wissen, wie das Spiel ausgegangen wäre, wie es gestanden hätte, wenn das Tor gezählt hätte. 1:0 für uns. Die Bayern haben sich Wadenkrämpfe rausgedrückt, haben irgendwie auf Zeit gespielt – und wir haben alles versucht, was ging.
Wenn heute Abend nur einer zu mir sagt ‚Schade‘, dem haue ich stumm das Glas aus der Hand. Wir kommen definitiv wieder. Diese Mannschaft ist so charakterstark. Egal, wer uns weggenommen wird, wir holen neue Jungs dazu. Macht euch keine Gedanken!“
Wir alle wissen, wie das Spiel ausgegangen wäre, wie es gestanden hätte, wenn das Tor gezählt hätte. 1:0 für uns. Die Bayern haben sich Wadenkrämpfe rausgedrückt, haben irgendwie auf Zeit gespielt – und wir haben alles versucht, was ging.
Wenn heute Abend nur einer zu mir sagt ‚Schade‘, dem haue ich stumm das Glas aus der Hand. Wir kommen definitiv wieder. Diese Mannschaft ist so charakterstark. Egal, wer uns weggenommen wird, wir holen neue Jungs dazu. Macht euch keine Gedanken!“
MEINE BVB-NOTEN
Weidenfeller (1,5), Piszczek (4), Sokratis (2), Hummels (1), Schmelzer (4), Sahin (4), Jojic (3,5), Mkhitaryan (4,5), Reus (3,5), Großkreutz (3,5), Lewandowski (3,5), Kirch (3), Aubameyang (3,5), Hofmann (-).
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